Wolken und Wetter Teil 33

04. August 2014

 

Unruhestifter

Seit einigen Wochen ist im Sommer 2014 irgendwie der Wurm drin.

Anstelle einer beständigen Hochdrucklage, die das Filstal mit berechenbarem Badewetter versorgt, schaufeln Tiefdruckgebiete mindestens ebenso beständig schwülwarme Luftmassen vom Mittelmeerraum in unser Gebiet.

Für die Tier- und Pflanzenwelt also optimale Wachstumsbedingungen, und wenn man sich die Kühe und die saftigen Wiesen hier auf der Schildwacht bei Geislingen so anschaut, darf man sicher ohne die geringste Spur einer Überheblichkeit feststellen:

Kerrygold, du kannst mitsamt streichzarter Butter zuhause gehn!

Doch zurück zum Wetter. Auch heute ziehen bereits am frühen Nachmittag erste gewittrige Schauer über's Ländle.

Diese Tendenz sollte sich in den nächsten Stunden noch deutlich verstärken...

 

 

 

Der Abend

Auf Höhe Metzingen hat sich völlig unerwartet eine saftige Gewitterzelle ausgebildet und zieht nun westwärts Richtung Geislingen.

Nachdem sie am Albtrauf (Aichelberg) den Verkehr der A8 mit ordentlich Hagel teilweise zum Erliegen gebracht hatte - viele Autofahrer nutzten den Tunnel als Unterstand und blieben einfach stehen - zieht sie nun über das obere Filstal und dürfte zum Aufnahmezeitpunkt 20:23 Uhr bei Reichenbach im Täle angelangt sein.

Fast lehrbuchartig präsentieren sich die Wolkenformationen, deren Bedeutung deshalb nachfolgend kurz erläutert wird...

 

 

 

Erläuterung

Wir stehen in Geislingen auf dem Parkdeck des relativ jungen Einkaufszentrum 'Nel Mezzo' (lies: 'Neue Mittelmäßigkeit') und blicken nach Südwest.

Der Schauer zieht von West nach Ost, also von rechts hinten nach links vorne.

Eine prächtige Wallcloud (A) kennzeichnet den Bereich des stärksten Aufwinds. Dieser ist so heftig, dass er feuchtkalte Luft aus dem dahinter gelegenen Niederschlagsgebiet mit ansaugt, weshalb die Wolkenbasis der Wallcloud in dieser Richtung tiefer liegt (B).

Die Arcuswolke (Shelfcloud) auf der Vorderseite des Schauers (C) entsteht durch Vermischung aufsteigender Warmluft (erzwungene Hebung) und absinkender Kaltluft und verrät die Böenfront.

Mein persönlicher Favorit aber ist der ausgeprägte Inflow-Tail (D). Man sieht förmlich, wie die Schauerzelle dort Luft anzieht. Durch den bei starker Strömumg entstehenden dynamischen Unterdruck sowie die hieraus resultierende adiabatische Abkühlung können sich die angesaugten Luftmassen bei passenden Bedingungen unter den Taupunkt abkühlen, und der Wasserdampf kondensiert aus.

Fantastisch!

Nicht unerwähnt soll abschließend der auffallend helle Bereich im Bildhintergrund unterhalb von (A) bleiben. Dieses als Clear Slot bekannte Phänomen entsteht durch absinkende Luft auf der Rückseite (hier Westen).

Dieser Rearfront Downdraft wirkt wolkenauflösend, und da der Eisschirm mit der Höhenströmumg nach Osten ausgeweht wird, kann die im Westen stehende Abendsonne ungehindert (wenigstens lokal) etwas Licht ins Dunkel bringen.

 

 

 

Fortschrittskontrolle

20:27 Uhr. Nur 4 Minuten später hat sich der Inflow-Tail über Geislingen gelegt und verdunkelt deutlich sichtbar die Szenerie.

Deutlich unsichtbarer dagegen der Bergrücken im Hintergrund. Wo eben noch der Clear Slot stand, schüttet es nun wie aus Kübeln. Zwischen Bad Überkingen und Hausen (B466) wird man gerade mächtig Spaß haben.

Den hatte ich auch, aber nach erfolgter Fortschrittskontrolle scheint die Zeit für einen kontrollierten Fortschritt gekommen.

Ich mach dann mal besser die Fliege...

 

 

 

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