Form und Geometrie Teil 6

Dezember 2012

 

Fluchtlinie

Welche Form (Struktur) müssen Gegenstände haben, damit sie den Betrachter fesseln? Möglichst einfach?

Oder möglichst komplex, wie beispielsweise die u.a. Mandelbrot-Menge? Der Witz an der Sache ist, dass sich die unendliche Schönheit der Mandelbrot-Menge aus einem auffallend einfachen Rechenmodus produzieren lässt. Das Schlüsselwort lautet 'nichtlineare Rückkoppelung', also ein (Rechen-)Prozess, der mit sich selbst interagiert.

Das bringt mich auf ein spannendes Gedankenexperiment, doch zuvor kurz zum Bild:

Faszination entsteht aus dem Zusammenspiel einfachster geometrischer Formen (Linien) und dem Blickwinkel (Perspektive). Das ti-Üpfelchen bringen dann noch die unterschiedlichen Farben mit rein.

Zurück zum Gedankenexperiment: der menschliche Dachstuhl gilt ja gemeinhin als das komplexeste Organ, welches die Natur bis dato erschaffen hat. Milliarden von Nervenzellen sind miteinander verdrahtet und tauschen Informationen aus.

Aber wie kann so ein unendlich kompliziertes Organ entstehen, wenn sich die 'Bauleitung' aus strohdummen Zellen zusammensetzt, die hauptsächlich wachsen, sich teilen und auch wieder sterben?

Das führt mich wieder zurück zur Mandelbrot-Menge. Ein einfacher Modus erzeugt eine unendlich komplexe Figur.

Diese Überlegung hat weitreichende Folgen, denn ein 'Schaltschrank'-Modell des menschlichen Gehirns ist damit unwahrscheinlich. Wer sollte denn die milliarden Verdrahtungen fehlerfrei zusammen löten? Und wie sollte so ein Schaltschrank-Gehirn auch nur 2 Minuten fehlerfrei funktionieren, zumal ständig jemand die Klappe aufmacht und drin rum fummelt (Stoffwechsel)?

Der Bauplan des menschlichen Gehirns kann also unmöglich aus unzähligen 1 zu 1 Ursache-Wirkung-Relationen bestehen (Motto: verlöte Zelle 27 mit Zelle 48, und Du kannst zukünftig den Buchstaben 'e' sprechen).

Damit halte ich auch die Behauptung einiger Wissenschaftler für puren Blödsinn, wonach Computer früher oder später Intelligenz entwickeln. Computer sind 1) Schaltschränke und werden 2) von Menschen gebaut.

Intelligente Computer setzen folglich voraus, das die zugehörigen Baumeister (Menschen) wissen, wie Intelligenz funktioniert.

Das wissen sie aber nicht, und sie werden es auch nie wissen, denn...

...kein 'Objekt' im versammelten Universum kann sich selbst beschreiben. Nicht heute, nicht morgen, nicht nie, denn dies führt in ein Paradoxon.

Ein sehr plattes Beispiel hierzu: ein Schraubendreher soll erklären, was er den lieben langen Tag so treibt. Das kann er nicht, denn er dreht nur Schrauben in Löcher. Würde der Schraubendreher wissen was er macht, dann wäre er ein 'wissender Schraubendreher', und damit Bestandteil einer höheren (ungültigen) Objektklasse, denn wir wollten die Erklärung ja vom simplen Schraubendreher.

Hier nun das Paradoxon: würden wir ausnahmsweise dem 'wissenden Schraubendreher' erlauben, sich vollständig zu beschreiben, dann müsste er nicht nur beschreiben, was er macht, sondern auch, warum er 'wissend' ist...

...und natürlich, wie das 'wissend sein' funktioniert.

Um dies zu beschreiben, müsst er folglich weitergehende Eigenschaften besitzen als der einfache 'wissende Schraubendreher'.

Das führt ins Bodenlose ;-)

Da genießen wir doch lieber die einfache Freude am Fotografieren...

 

 

Auch bei folgender Aufnahme ist es wiederum das Zusammenspiel einfachster Formen und Farben, welches mittels 'steiler' Perspektive eine reizvolle Kombination erzeugt.

In Natura war das Licht in diesem EKZ wesentlich kälter, beinahe fühlte man in das Wartezimmer des heimatlichen Zahnarztes versetzt. Deshalb die Aufbereitung in sehr heimeligen Farbtönen.

Toll auch die zart rosa Wolken, die in fortgeschrittener Dämmerung durch's Fenster spickeln.

Sodelle: damit wir nicht allzu tief in die Banalität abrutschen, an dieser Stelle nochmals zurück zu unserem Denkmaschinen-Text (siehe oben):

Nu könnte man ja einwerfen, die Menschheit könnte das Wesen der Intelligenz und des Selbstbewusstseins entschlüsseln, da uns die fortgeschrittene Technologie zu Hilfe eilen wird.

Das erscheint auf den ersten Blick plausibel, denn Dank unserer Errungenschaften fliegen oder fahren wir schneller als jedes Tier, und dank technischen Hilfsmitteln können unsere 'verlängerten Arme' Kräfte entwickeln, die weit jenseits unserer eigenen liegen. Bei Bedarf können wir sogar unseren blauen Planeten mehrmals in Schutt und Asche legen.

Das Problem ist, dass sich all diese Dinge ein oder mehrere Objektklassen tiefer in der Erkenntnis-Hierarchie tummeln (siehe dazu die Schraubendreher-Erläuterung).

Selbst ein hochmodernes bildgebendes Analyseverfahren wie die MRT kann... naja... eigentlich überhaupt nichts erklären. Echte Erkenntnisse lassen sich allenfalls in medizinischen Disziplinen gewinnen...

...also rein elektrochemischen Vorgängen.

Ein letzter und wesentlicher Punkt, warum wir niemals die Funktion unseres Gehirn enträtseln können, stellt ein Dilemma dar, welches ich gerne mit der Heisenbergschen Unschärferelation vergleiche:

Um zu Erkenntnissen zu gelangen, können wir entweder unser Gehirn bei der Arbeit beobachten...

...oder wir zerplücken es mit Mess- und Analyse-Instrumenten.

Im ersten Fall (Beobachtung) kommen wir nicht an die Tiefen der Abläufe heran, im zweiten Fall (zerpflücken) analysieren wir totes Material. Da kommt gleich zweimal nichts bei raus.

Also gehen wir doch lieber in den Mediamarkt, weil wir ja schließlich nicht blöd sind...

...auch wenn keiner weiß, warum ;-)

 

 

 

 

 

September 2012

 

Selbstähnlichkeit

Klar wie Kloßbrühe: beim diesem Anblick (Bagersee bei Langenau) kommt dem der Chaostheorie zugeneigten Betrachter sofort die Mandelbrot-Menge, benannt nach dem Mathematiker Benoit B. Mandelbrot, in den Sinn.

Bei der Mandelbrot-Menge (MBM) handelt es sich um 'nichts weiter' als die grafische Darstellung einer mathematischen Gleichung. Mehr dazu siehe unten.

Die vorliegende Aufnahme zeigt frappierende Ähnlichkeit zu Gesetzmäßigkeiten der MBM. So finden wir erstens die Symmetrie zum Ufer (bei der MBM zur reelen Zahlenachse) und zweitens die Selbstähnlichkeit oder treffender Skaleninvarianz. Dies bedeutet, dass sich Strukturen im Großen wie im Kleinen sehr ähnlich sind.

Hier demonstrieren dies die Bäume ganz hervorragend. Vom Hauptstamm zum Nebenstamm zum Ast zum Ästlein zum Zweig zum Zweiglein finden wir immer das gleiche Muster, welches einer einfachen Regel entspringt:

Wachse und verzweige Dich nach einer bestimmten Strecke!

Kein Wunder also, dass ein abgerissener Ast mit seinen Zweigen und Blättern wie ein 'Baum in klein' aussieht, wenn man ihn in den Boden rammt.

 

 

Die grafische Darstellung der Mandelbrot-Menge wird im allgemeinen Sprachgebrauch oft 'Apfelmännchen' genannt.

Dabei wird ein Startwert in eine Gleichung eingegeben. Das so erhaltene Ergebnis wird erneut in die Gleichung eingetragen und so weiter und so fort. Dies nennt man Iteration. Die Selbstbezüglichkeit ist durch Verwenden des jeweilgen Ergebnisses in der Folgeberechnung gegeben. Supi!

Nun kommt der Clou: je nachdem, welchen Startwert man für die Berechnung wählt, haben die nach der Iteration erhaltenen Endwerte unterschiedliche Eigenschaften. Entweder geht die Zahlenreihe gegen Null, gegen Unendlich, oder sie nähert sich einem bestimmten Wert (Attraktor).

Bei der Mandelbrotmenge sind alle Startwerte schwarz gezeichnet, für welche die Endwerte NICHT gegen Unendlich laufen, egal, wie lange man iteriert.

Für alle anderen Startwerte laufen die Ergebnisse mehr oder weniger schnell ins Unendliche. Dies wird im unteren Bild durch die Graustufen dargestellt. Dabei wird beispielsweise gezählt, wieviel Iterationen nötig sind, bis das Ergebnis den Wert 1000 übersteigt, und entsprechend der Anzahl ein Grauwert festgelegt.

Im Bild repräsentiert jeder Grauwert eine bestimmte 'Range' an Iterationen. Ebenso gut könnte man den Bereich um die schwarze MBM auch fließend darstellen.

 

Quelle: wikipedia, created by Wolfgang Beyer with Ultra Fractal 3.0

 

 

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